Die Banque de Luxembourg will die Weitergabe von Vermögen bestmöglich begleiten. Sie versucht dabei, die Erben in die Vorbereitung einzubeziehen und die Erwartungen aller Beteiligten zu berücksichtigen.

Wie schätzt ein Bankhaus wie die Banque de Luxembourg die Herausforderungen der Vermögensweitergabe an die nächste Generation ein? 

Luc Rodesch: Wenn Sie von der Weitergabe des Vermögens der Generation der Baby-Boomer sprechen und diese als die größte Weitergabe aller Zeiten beschreiben, so muss man da vielleicht etwas differenzieren: Zum einen erstreckt sich die Vermögensweitergabe über einen langen Zeitraum: Die ältesten Baby-Boomer sind heute 75 Jahre alt, die jüngsten erst 55. Angesichts ihrer Lebenserwartung wird es mindestens 30 Jahre dauern, bis das Vermögen dieser Generation vollständig weitergegeben ist. Was die genannten Beträge betrifft: Auch wenn häufig die Rede ist von 30.000 Milliarden US-Dollar, die allein in den USA ihren Besitzer wechseln sollen, so ist der wirkliche Umfang schwer abzuschätzen. Die Weitergabe wird ganz allmählich vonstatten gehen und daher kaum zu spüren sein. 

 

Claude Medernach: Anders als viele denken, geht dieses Vermögen auch nicht direkt an die junge Generation über, sondern zunächst einmal an den überlebenden Ehepartner. Erst nach dessen Tod wird es an die Generation der Kinder weitergegeben. Doch auch diese Kinder gehören nicht zur Generation Y, den sogenannten „Millennials“, sondern – weil zwischen 1966 und 1980 geboren – zur Generation X: Sie selbst sind also bereits in den Fünfzigern, nicht mehr abhängig von ihren Eltern, haben sich in der Regel ein eigenes Vermögen aufgebaut und bringen eine entwickelte Finanzkultur mit. Die Vermögensweitergabe ist also differenziert zu sehen. Gleichzeitig ist es ein großes Thema – auch für die Bank. Unser Ziel als Finanzberater ist natürlich, dass die Nachfolgergeneration der Bank als Kunden erhalten bleibt und dass unsere Beratung für Familien mit langfristiger Perspektive geschieht. Unsere Stärke ist die Kompetenz für Fragestellungen, bei denen verschiedene Rechtsordnungen oder mehrere Generationen beteiligt sind.

 

Welche Risiken und Chancen sehen Sie bei dieser Weitergabe?

Luc Rodesch: Tatsache ist, dass ein Vermögen durch das Vererben an mehrere Begünstigte aufgesplittert wird. Jedem Erben steht es ja frei, über seinen Teil des Erbes so zu verfügen, wie er möchte. Und viele Erben sind bereits Kunden bei einer anderen Bank. Für uns besteht die Herausforderung darin, das Vertrauensverhältnis, das zu dem einzelnen Kunden aufgebaut wurde, auch auf die Nachfolger-Generation auszudehnen. Eine unserer Vorgehensweisen ist, dass wir das Gespräch mit den künftigen Erben suchen; dass wir uns ein umfassendes Verständnis des jeweiligen Vermögens und seiner Begünstigten verschaffen, damit wir sie um so besser in der Vermögensverwaltung begleiten können. 

Claude Medernach: Wenn man von Vermögensweitergabe spricht, stellt sich die Frage nach dem Schutz des Vermögens als Ganzem. Wenn es sich um ein Finanzvermögen handelt, ist die Teilung oder Verwässerung an sich kein großes Problem. Komplexer wird es, wenn andere, nicht-finanzielle Vermögenswerte hinzukommen, zum Beispiel ein Familienunternehmen. Unserem Kunden wird es dann vor allem darum gehen, den Fortbestand des Unternehmens zu sichern und zu vermeiden, dass es beispielsweise aufgrund eines Streits unter den Erben verkauft werden muss. Das sind nicht zu unterschätzende Probleme, die man früh genug ansprechen sollte. Dies kann eine größere Vorbereitungszeit erfordern, die alle Generationen schon zu Lebzeiten des Unternehmensgründers bzw. Unternehmers aktiv in die Verwaltung des Vermögens einbindet. 

Wie kann eine Privatbank die Vermögensweitergabe begleiten? 

Luc Rodesch: Es ist nie zu früh, um an die eigene Nachfolge zu bedenken und zu regeln. Im französischen Erbrecht heißt es: „Le mort saisit le vif“, also: „Der Tote macht den Lebenden zum Erben“. Das bedeutet: Mit dem Tode des Erblassers geht das Vermögen automatisch auf die überlebenden Erben über. Wurde dies nicht angemessen vorbereitet, kann es in den folgenden Jahren zu größeren Verlusten oder zu einer unerwünschten Verwässerung des aufgebauten Vermögens führen. Um zu vermeiden, dass sich Erben einem Vermögen gegenübersehen, das sie vielleicht nicht voll in seinen verschiedenen Aspekten erfassen, ist es sinnvoll, die Vermögensweitergabe schon zu Lebzeiten zu organisieren und bestmöglich vorzubereiten. Der Privatbankier hat eine besondere Vertrauensbeziehung zu seinem Kunden, ihm kommt in diesem Zusammenhang eine wichtige Aufgabe zu. Er ist der richtige Ansprechpartner, um die Weitergabe zu organisieren, und er kann diese Vorbereitungsphase nutzen, um eine Beziehung zu der Nachfolgergeneration zu aufzubauen.

Claude Medernach: Wenn man früh genug beginnt, ist es leichter, Fragen anzusprechen und geeignete Antworten zu finden. Man kann sich die Zeit nehmen, um die Familien- und die Vermögenssituation zu analysieren, steuerliche und juristische Aspekte zu besprechen und so optimale Lösungen finden. Diese können dann auch die Vermögensziele des Weitergebenden berücksichtigen. So kann er die Weitergabe besser planen und gegebenenfalls ein philanthropisches Projekt anstoßen.

Wie kann die Vorbereitung der Vermögensweitergabe konkret aussehen? 

Claude Medernach: Am Anfang steht, dass wir mit dem Kunden in einen offenen Dialog treten. Das ist nicht unbedingt selbstverständlich. Das Leben in seiner Endlichkeit ist naturgemäß ein höchst sensibles Thema. Die meisten unserer Kunden warten zu lange, bis sie dieses Thema ansprechen. Frühzeitig und sachlich darüber zu sprechen, ausgehend von den Bedürfnissen und Erwartungen der Familie, kann helfen, über die emotionale Ebene hinaus zu kommen und für die Zukunft besser gerüstet zu sein. 

Luc Rodesch: Die Lösungen, die wir anbieten, sind abhängig von den Zielen und Erwartungen, die unsere Kunden formulieren.  Um eine Vermögensweitergabe erfolgreich zu gestalten, gibt es ganz unterschiedliche Instrumentarien. Schon zu Lebzeiten des Betroffenen kann man die Familienmitglieder an einen Tisch bringen, alle Beteiligten um ein gemeinsames Projekt versammeln, das den Werten unseres Kunden entspricht. Man kann zum Beispiel eine Familiencharta oder Regeln zur Familienführung aufstellen. Das Vermögen kann auch in eine Kommanditgesellschaft eingebracht werden, denen die Angehörigen der jungen Generation als Gesellschafter beitreten. Auf diese Weise können auch unterschiedliche Arten von Vermögenswerten verwaltet werden. Mit solchen Lösungen kann sichergestellt werden, dass das Familienvermögen erhalten oder für ein Projekt eingesetzt wird, das die Familienmitglieder eint und die Generationen überspannt. 

Gibt es Kunden, die gegenüber diesen Fragen aufgeschlossener sind als andere? 

Claude Medernach: Insgesamt meinen viele Kunden, sie hätten noch viel Zeit und könnten über diese Fragen später nachzudenken. Ich habe zum Beispiel einen 80-jährigen Kunden, der mir, auf das Thema angesprochen, antwortete, er würde sich damit beschäftigen, wenn er einmal alt sei. Festzustellen ist auch, dass sich große Familienkunden selbstverständlicher mit diesem Thema auseinandersetzen. Diejenigen, die selbst Vermögen von ihren Eltern übernommen und im Zuge dessen Konflikte erlebt haben, möchten ihre eigene Vermögensweitergabe harmonischer gestalten.

Luc Rodesch: Die Weitergabe eines Vermögens vorzubereiten, ist vor allem eine Chance: die Chance, ein Familienprojekt zu umzusetzen und nicht nur materielle Vermögenswerte weiterzugeben, sondern auch die Werte, die uns am Herzen liegen und die uns als Einzelne überleben werden. Für uns als Privatbankiers ist das eine besonders wichtige Aufgabe, denn wir berufen uns auf die Grundlage gemeinsamer Überzeugungen. Dies erfordert von unserer Seite, dass wir gut zuhören und Empathie zeigen, die notwendig ist, um die Erwartungen aller Beteiligten unter einen Hut zu bringen. 

Worauf achten Ihre Kunden bei der Vermögensweitergabe besonders? 

Luc Rodesch: Vor allem ist es das Bemühen nach Gerechtigkeit bei der Weitergabe, das unsere Kunden beschäftigt. Viele möchten zudem sicherstellen, dass die nachfolgende Generation ausreichend vorbereitet ist, um das Erbe anzutreten. Die Sorge ist manchmal, dass die Erben mit großen Beträgen nicht umgehen können und das Vermögen verschwendet wird. Andere fragen sich, inwieweit ihr Sohn oder ihre Tochter fähig ist, das Familienunternehmen zu führen, oder wie das Vermögen aufgeteilt werden kann, wenn das eine Kind das Geschäft übernehmen will und das andere nicht. In anderen Familien gibt es vielleicht besonders hilfebedürftige Familienmitglieder, zu deren Absicherung das Vermögen eingesetzt werden soll, damit diese Person auch dann noch gut versorgt ist, wenn sich die Elterngeneration nicht mehr kümmern kann. 

Claude Medernach: In diesen ganz verschiedenen und legitimen Anliegen gehen wir ganz unterschiedlich vor: Unsere Sommerakademie zum Beispiel wendet sich an junge Erwachsene von 18 bis 30 Jahren aus luxemburgischen, belgischen und französischen Unternehmerfamilien, die sich nach ihrer Ausbildung die Frage stellen, ob sie den Weg ins Familienunternehmen einschlagen wollen und welche Rolle sie dabei gegebenenfalls übernehmen wollen. Das Ziel ist es, ihnen zu helfen, die eigene Zukunft zu bedenken, und einen konstruktiven Dialog rund um die Weitergabe des Staffelstabs anzuregen. Programme zur Weiterbildung im Finanzbereich, mit Coaches und Psychologen wurden eingerichtet, um die Nachfolger-Generation gut vorzubereiten. Diese Maßnahmen sind für die Eltern und die Kinder gleichermaßen beruhigend. 

Sind zwischen den einzelnen Generationen Unterschiede festzustellen, was den Umfang mit Geld betrifft?

Luc Rodesch: Es gibt einen großen Unterschied zwischen der Nachkriegsgeneration und den Baby-Boomern. Erstere haben viel stärker die Tendenz, Vermögen anzusammeln. Ihr größtes Anliegen war es, Vermögen zu sichern, und weniger, es wachsen und reifen zu lassen. Ihre Kinder wiederum, die in viel ruhigeren Zeiten aufgewachsen sind, wollen das Leben viel mehr genießen und mehr konsumieren. Ein Teil der wohlhabenden Bevölkerung versucht auch, einen Teil ihres Vermögens in Form der Philanthropie an die Gesellschaft zurückzugeben und für gemeinnützige Zwecke einzusetzen, zum Beispiel durch die Gründung einer Stiftung. 

Welche Beziehung hat die junge Generation zum Geld?

Claude Medernach: Man könnte ja meinen, dass eine Person, die Vermögen erbt, bei der Verwaltung eher zum Risiko neigt, um eine höhere Rendite zu erzielen. Doch dies ist längst nicht immer der Fall. Jeder geht anders vor, je nach Persönlichkeit und Temperament. Das aktuelle Umfeld ist ein ganz anderes als das der Elterngeneration. Es ist viel komplexer, und es gibt viel mehr verschiedene Möglichkeiten zur Geldanlage. Auch hier ist es Aufgabe des Privatbankiers, den Kunden orientierend zu begleiten und ihm zu helfen, die richtigen Entscheidungen zu treffen, um seinen Erwartungen gerecht zu werden.

Luc Rodesch: Ich stelle fest, dass sich die Generation Y angesichts der immer unsicherer werdenden Welt weniger Fragen nach der ferneren Zukunft stellt. Sie zeigt weniger ein Bedürfnis zu planen und ist viel mehr damit beschäftigt, heute handeln zu müssen. Sie macht keine Pläne für die Zeit in 30 Jahren und passt sich sehr viel schneller an diese Welt mit ihren immer schnelleren Veränderungen an. Auch für uns als Beraterinnen und Berater ist es eine Herausforderung, der jungen Generation zu folgen und ihr gerecht zu werden. Hinzu kommt, dass diese Generation viel stärker vergleicht und ihre Geschäftspartner kritischer nach den angebotenen Leistungen und den geforderten Kosten hin befragt. Sie sind nicht unbedingt einem bestimmten Anbieter treu, aber sicherlich viel anspruchsvoller. 

Kann man einen Trend feststellen in der Weise, wie sich der Erwartungen der jungen Generation gegenüber ihrem Finanzberater verändert? 

Luc Rodesch: Ja, das Verhältnis verändert sich. Was sicher ist: Kunden wollen sich immer weniger auf den Weg zu ihrer Bank machen müssen. Gleichzeitig wünschen sie sich vermehrt Interaktion mit ihrem Berater. Es geht heute also darum, digitale Hilfsmittel in den Dienst der Kundenbeziehung zu stellen, damit der Kunde bequem und sicher mit seiner Bank interagieren kann – wann und wo er möchte. Die Nutzung digitaler Medien ist dabei – wenn man die Statistiken über die Nutzung unserer mobilen Lösungen betrachtet – nicht allein das Anliegen jüngerer Menschen. Die neuen Medien werden von allen Generationen genutzt. Als zweiten großen Trend sehen wir, dass sich die junge Generation für nachhaltige Anlagen interessiert. Man trifft seine Anlageentscheidungen nicht allein unter Renditegesichtspunkten. Immer mehr spielt auch der Inhalt und Zweck der Anlage eine Rolle; immer mehr möchte der Kunde auch messbare positive Auswirkungen auf die Gesellschaft oder die Umwelt erzielen. 

Claude Medernach: Eine andere Forderung an den Finanzberater, die mit diesen Trends einhergeht, ist die nach hoher Transparenz. Diese wird zwar auch von den Aufsichtsbehörden gefordert, sie ist jedoch auch der Spiegel der starken Nachfrage seitens der Kunden: Sie wollen genauer als früher wissen, wofür sie zahlen, möchten verständliche und umfassende Berichte, interessieren sich dafür, wie die Vermögenswerte angelegt sind und welche Provisionen fließen. Der Privatbankier muss Rechenschaft über alles ablegen können und seine Expertise zum Nutzen des Kunden einsetzen. 

Welche Kompetenzen bieten Sie als luxemburgische Privatbank in der Frage der Vermögensweitergabe und angesichts der Gefahren der Vermögensverwässerung ?

Luc Rodesch: Wir besitzen anerkannte Kompetenzen in der Vermögensverwaltung, eine starke Expertise und ein umfassendes Instrumentarium, um Kunden langfristig zu begleiten. Ein Beispiel dafür sind Familien, deren Mitglieder in unterschiedlichen Ländern und Rechtsordnungen leben oder tätig sind. Wir haben in Luxemburg die Fähigkeit erworben, solche komplexen Situationen zu verwalten, um jedem Kunden individuell zu begegnen. Wir helfen den Betroffenen, ihre Steuersituation zu gestalten und ihr Vermögen besser zu strukturieren. Auch die Strukturen der Familien sind stark im Wandel: Scheidung und Wiederheirat, vielleicht Kinder aus der ersten, zweiten oder dritten Beziehung – und jedes von ihnen lebt vielleicht in einem anderen Land. Die Vermögensweitergabe in einem solchen Zusammenhang gleicht dem Lösen eines Zauberwürfels: Es ist ein höchst komplexes Unterfangen 

Claude Medernach: Doch genau das macht den Reichtum unseres Berufs und den Wert eines Beraters in der Vermögensverwaltung aus. Wir haben die Möglichkeit und das Privileg, Familien zu begleiten, unsere Expertise einzubringen und – wo erforderlich – auf externe Ressourcen zurückzugreifen. Die Infrastruktur im Großherzogtum ist gut ausgebaut, und wir sind dicht vernetzt, um auch komplexen Fragestellungen zu begegnen. Das Wichtigste ist, Kunden zu ermutigen, sich sehr früh mit dem Thema Vermögensweitergabe zu beschäftigen, um sie bestmöglich beraten und die Nachfolge vorzubereiten zu können. 

 


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